Jun 122011
 
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Wie man Seide dauerhaft crasht
(auch bekannt als crushen, Fortuny pleating oder Fortuny-Falten, permanentes fälteln oder crashen / crushen – es hat aber, sofern man nicht mit Hilfe von Fäden die Seide sehr regelmäßig in Falten legt, nicht wirklich viel mit Plissee respektive Plissieren zu tun)

Diese Anleitung wurde von mir vor einigen Jahren für die Alleycatscratch.com LOTR Webseite geschrieben. Ich dachte mir allerdings, daß ich sie auch bei meinen Anleitungen auf dieser Webseite haben sollte. Außerdem habe ich einige weiterer Anmerkungen hinzugefügt, die sich im Laufe der Jahre als nützlich herausgestellt haben.

Eines im Voraus:Kinder, versucht das hier nicht Zuhause, ohne vorher von euren Eltern die Erlaubnis zu bekommen und natürlich auch nicht, ohne sie vorher um Hilfe gebeten zu haben!

Die (meist fett geschriebenen) Sicherheitswarnungen sind bitteschön vollständig und sorgfältig zu lesen und zu befolgen.

Diese Crashtechnik ist dauerhaft… naja, zumindest halbwegs dauerhaft und kann nach dem Waschen aufgefrischt werden.

Es gibt zwei Grundsorten des Crashens:

  • Entlang der Länge des Kleides und
  • wildes / wahlloses crashen, wie man es bei Arwen’s Bogenkleid sieht (bei dem die Falten in wahllosen Richtungen angeordnet sind)

Materialiste:

  • Seide (natürlich!);
  • sehr viel Seide!
    • Wenn man einen Längscrash macht, dann braucht man dreimal soviel Seide wie für ein ungecrashtes Kleid. Bevorzugt sollte die Seide schon gefärbt sein, bevor man mit dem Crashen anfängt.
  • Jede Seide und Wolle kann gecrasht werden, solange sie dünn genug ist. Das funktioniert übrigens auch bei Seidensamt (aka Seiden-Viskosesamt).
  • Es funktioniert NICHT mit Acryl-, Polyester- oder sonstwelchem künstlichen Stoff;man BRAUCHT Seide oder Wolle, da diese Materialien aus Proteinfasern gewebt sind (also im Prinzip Haare sind).
  • Versucht das also NICHT mit nicht natürlichen Fasern – diese könnten nämlich in der Mikrowelle anfangen zu brennen!!!
    Außerdem funktioniert es mit denen nicht. Punkt!
  • DENKT noch nicht mal dran, das hier mit Seide zu versuchen, die einen Metallanteil hat (so wie metallischer Seidenorganza, Seide, die mit silberdurchzogenen Rocaillen bestickt oder mit metallischen Garnen bestickt ist)!
    Das ist deswegen, weil sich ‘Metalle’und ‘Mikrowellen’nicht wirklich gut vertragen;und auch ‘Metall’und ‘Dauerwellflüssigkeit’haben ein Problem miteinander.
    Wenn ihr keine Ahnung habt, was ich damit meine, dann googelt es – ich werde euch NICHT raten, es selbst zu versuchen, wenn ihr keine Ahnung habt, wovon ich hier rede! *lol*
  • Dauerwellflüssigkeit:
    • Keine “Schaumwelle”oder was man in Deutschland eine “Saure Welle”nennt (also eine alkalische Dauerwelle), sondern nur eine handelsübliche Packung für starke Heimdauerwellen, die im Normalfall zwei Flaschen mit Flüssigkeit enthält.
    • Pro vier Meter Stoff (getestet auf 8mm Pongéeseide) braucht man eine Packung Dauerwelle.
    • Für Arwen’s Bogenkleid zum Beispiel habe ich zweieinhalb Pakete gebraucht, um den äußeren (blauen) Stoff zu crashen.
  • Ein Badezimmer mit Badewanne oder Dusche, gut belüftet;
  • Eine Mikrowelle mit einstellbarer Wattzahl,
    • Das lässt sich allerdings dadurch ersetzen, daß man den Stoff in einem Netz über kochendes Wasser hängt (in einem nicht-metallischen Netz, natürlich – also im Prinzip genau das, was man braucht, um Seidenmalfarbe mit Dampf zu fixieren.)
  • Große, mikrowellengeeignete Plastikschüssel
  • Mikrowellengeeignete Abdeckung oder Frischhaltefolie
  • Zwei lange Plastiklöffel (die nachher nicht mehr zum Essen gebraucht werden sollten;diese benötigt man, um den Stoff “anfassen”zu können, während er noch heiß ist)
  • gutes Seidenwaschmittel (wie Tenesilk)
    • Ersatz:Ein Haarshampoo für ‘geschädigtes’oder ‘dauergewelltes’Haar, weil das ja eigentlich genau das ist, womit wir es hier zu tun haben!
  • einen Backofen
  • eine Heizung (und zwar eine solche, wie sie normalerweise an der Wand hängt – also nichts mit offenem Feuer oder etwas, das vage so aussieht wie ein überdimensionaler Toaster mit glühenden Drähten drin
      • Möglicher Ersatz:
      • Altmodischer Haartrockner (sich aufblasende Trockenhaube oder eben Fön)
      • Eine Wäscheleine und ein bis zwei warme, sonnige Tage

     

Crashen der Stofflänge nach

  1. Wascht die Seide, auch wenn ihr ungefärbte Seide (also weiße) oder schon ‘im Laden’gefärbte Seide crashen wollt. Und ja, das kann man normalerweise in der Waschmaschine machen.
  2. Macht mit der Seide eine lange ‘Wurst’, die sich in sich selbst verdreht, wenn man sie hochhebt. Auf Deutsch:Die Seide der Breite nach zusammenraffen (und ja, dafür braucht man im Normalfall mindestens zwei Leute – nämlich eine Person an jedem Ende der Seide, wobei die Seide zwischen beiden immer straff sein sollte…. obwohl, ich allein habe das auch schon gemacht – und zwar, indem in ein Ende der Seide an einen Türknauf gebunden habe), dann drehen (an jedem Ende entgegengesetzt), bis sich eine ‘Wurst’formt.
    Je stärker die Drehung, desto besser;allerdings sollte man im Gedächtnis behalten, daß der innere Teil der Wurst ja irgendwie noch was von der Dauerwellflüssigkeit abbekommen muß, also darf die Drehung auch nicht *zu* stark sein. Die Enden kann man mit Garn oder einem Haargummi verbinden, so daß sich die Wurst nicht wieder aufrollen kann.
    Im Falle dessen, daß man sehr gleichmäßig breite Falten haben will, oder so was wie Fortunyfalten imitieren möchte, oder aber einen dickeren Stoff wie Seidentaft mit kleinen Falten crashen möchte, so bleibt einem nichts anderes übrig, als die Seide entlang der Breite mehrfach mit einem einfachen Laufstich (rauf-runter-rauf-runter entlang der Breite…) mit einem Faden zur Zieharmonika zu raffen. Jeder Stich sollte so lang sein, wie man die spätere Falte ‘breit’haben möchte. Und ja, das muß man entlang der Länge des Stoffes mehrfach machen – jeweils im Abstand von 10-20cm, wobei die Stiche IMMER gleich sein sollten.
    Wenn alle Stichreihen an Ort und Stelle sind, zieht man die Fäden zusammen, so daß sich der Stoff zur Zieharmonika zusammenlegt und sich damit quasi selbst fältelt. DANN macht man die schon beschriebene ‘Wurst durch Drehen’entlang der Länge des Stoffes. Die Fäden können ruhig an Ort und Stelle bleiben, bis man mit allem fertig ist (ich empfehle übrigens reinweißes Seiden- oder Baumwollgarn für diesen Zweck;NICHT Polyestergarn!
  3. Lest die Anleitung für die Dauerwellflüssigkeit!
  4. Legt die ‘Wurst’in die Badewanne (oder Dusche) und benutzt die erste Flüssigkeit der Dauerwelle darauf. Durchnässt den Stoff (der natürlich immer noch gedreht sein sollte!) sorgfältig damit.
  5. Wenn ihr mit Mikrowelle und Backofen arbeitet, dann sollten die Fenster dieses und anderer Räume WEIT GEÖFFNET sein! Ihr braucht zirkulierende Luft in diesem Raum, damit ihr ständig Frischluft bekommt!
  6. Legt die verdrehte ‘Wurst’in eine große, mikrowellengeeignete Plastikschüssel, bedeckt sie mit Frischhaltefolie (KEINE ALUMINIUMFOLIE!) und stellt die Schüssel in die Mikrowelle. Bei etwa 400-500 Watt sollte sie da so lange drin bleiben, wie es in der Anleitung für die Dauerwelle angegeben ist (üblicherweise 30-40 Minuten). Nach der Hälfte der Zeit solltet ihr die Mikrowelle einmal öffnen, um die Stoffwurst zu wenden – und zwar unter Verwendung der LÖFFEL, denn sie ist wirklich HEISS!
  7. Beachtet UNBEDINGT, daß das Resultat NICHT besser wird, wenn ihr die Wattzahl erhöht. Das führt nur dazu, daß der Stoff verbrennt. Und nein, es hilft da auch NICHT, die Zeit zu verkürzen. Wenn ich schreibe “400-500 Watt, 30-40 Minuten”dann MEINE ich genau das und NICHT “800-1000 Watt für 15-20 Minuten”!
  8. Wenn die Zeit abgelaufen ist, nehmt die Schüssel aus der Mikrowelle (HEISS!), entfernt die Folie oder Abdeckung (ACHTUNG;HEISSER DAMPF UND KONDENSWASSER!). Lasst den Stoff offen stehend etwas auskühlen. Dann wascht die erste Dauerwellflüssigkeit aus, wobei der Stoff natürlich immer noch verdreht sein sollte. Die Anleitung für die Dauerwelle hat üblicherweise irgendwelche Anmerkungen zu diesem ersten Auswaschen;haltet euch dran.
  9. Tragt etwa 3/4 der Menge der zweiten Flüssigkeit auf (auch da sollte mal wieder die Anleitung der Dauerwellflüssigkeit zu Rate gezogen werden). Auch diesmal bleibt der Stoff weiterhin verdreht.
  10. Legt den Stoff zurück in die (zwischendrin mal ausgespülte!) Schüssel, deckt sie wieder ab, und wieder ab damit in die Mikrowelle – und zwar so lange, wie die Flüssigkeit 2 laut Dauerwellen-Anleitung braucht, bei derselben Watt-Einstellung, die ich weiter oben für Flüssigkeit 1 beschrieben habe.
  11. Denkt an die offenen Fenster, Türen etc, oder was immer ihr habt, um Luft in den Raum zu bekommen! Das meine ich wirklich. Dieses Zeug stinkt nämlich nicht nur, es ist giftig.
  12. Nach Ablauf der Zeit legt ihr den Stoff (HEISS!) wieder in die Badewanne. Dann löst ihr die Verdrehung ein wenig, zieht den Stoff aber noch nicht auseinander. Ihr braucht nur die Drehung soweit zu öffnen, daß der Stoff nur noch etwa viermal pro Meter verdreht ist!
  13. Tragt den Rest der Flüssigkeit 2 auf.
  14. Legt den Stoff wieder in die Schüssel. Abdecken. Mikrowelle bei den schon bekannten Einstellungen für etwa 10 Minuten.
  15. Lasst den Stoff bei geöffneter Schüssel auskühlen. Wascht ihn aus, ohne ihn auseinanderzuziehen. Macht das sorgfältig. Benutzt ein geeignetes Seidenwaschmittel, wie Tenesilk (also, nicht ‘Perwoll’!) oder das weiter oben bei der Materialliste schon erwähnte Haarshampoo für geschädigtes oder dauergewelltes Haar, denn genau das IST eure Seide jetzt!
  16. Verdreht die Seide wieder (etwa 10mal pro Meter, das kommt aber auf den Stoff an – eng genug, damit er sich wieder in sich verdreht, wenn man ihn hochhebt, aber nicht so eng, daß er nicht mehr trocknen kann.
  17. Legt den Stoff etwa 2 Stunden lang bei 50-75°C in den Backofen. Denkt dran, den Backofen VORHER zu REINIGEN. Wenn ihr ihn nicht wirklich sauber genug bekommt, könnt ihr den Stoff immer noch in ein hitzefestes Glasgefäß legen, welches dann wiederum in den Ofen kommt.
  18. Am Ende der Zeit nehmt ihr den Stoff heraus und trocknet ihn auf der Heizung (und das kann schon mal 1-3 Tage dauern;es kommt auf den Stoff, die Menge, die Drehung und den Stofftyp an!).
    Ersatz:
    Eine Trockenhaube, mehrere Stunden (schön beobachten, gell!)
    Hängt den Stoff draußen auf – nicht in der direkten Sonne, aber an einem gut durchlüfteten Ort) und lasst ihn dort trocknen.

Wildes/Wahlloses Crashen

Um Seide ‘wild’zu crashen (wie bei Arwen’s Bogenkleid) anstatt der Länge nach, schiebt man den feuchten Stoff im ersten Schritt zusammen. Und zwar nicht zu einem Ball, sondern eher zu einer Art ‘Platte’. Das geht am einfachsten in der Badewanne, indem man die äußeren Ränder des Stoffes zur Mitte schiebt, bis man eine papiergroße Platte hat, die man dann aufnehmen kann, um sie in die Schüssel zu legen. Es hilft, diese Platte mit Fäden zu umwickeln oder sonstwie zu fixieren (aka ‘Geschenk verpacken).

Falls nach einer Wäsche die Fältelung mal nachläßt, dreht das Kleidungsstück einfach wieder ein (oder schiebt es zusammen) und trocknet es auf einer Heizung (siehe oben). Danach sollte man nur von der Futterseite her (“auf links”) bügeln, wenn überhaupt.

Das ist eigentlich alles. Wenn ihr fertig seid, solltet ihr die Mikrowelle gründlich reinigen. Die ‘Dauerwelle auf Seide’-Methode macht die Mikrowelle nicht unbenutzbar, der giftige Dampf verfliegt schnell und setzt sich NICHT auf der Mikrowelle ab.

Übrigens kann man Stoffe nicht nur ‘der Länge nach’oder ‘wahllos’crashen. Es gibt da eine ganze Reihe von Methoden. Wie zum Beispiel die, den Stoff mittels Gummibändern in regelmäßiger Zipfel zu binden und dann die Dauerwelle zu machen. Man kann auch sternförmig fälteln. Die Möglichkeiten sind fast endlos;googelt mal ‘Shibori‘- das ist eigentlich eine Batik-Technik, die sich aber auch hervorragend für’s crashen und fälteln von Stoff eignet 😉

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